Die Burg Wolfratshausen

Quelle: Heimatbuch Wolfratshausen S. 16 ff.

 

Die Siedlung Wolfratshausen besteht nachweislich seit über 1000 Jahren. Kurze Zeit nach der Jahrtausendwende lassen sich die damals gerade dynamisch aufstrebenden Grafen von Dießen auf dem Spornberg hoch über dem Zusammenfluss von Isar und Loisach einen weiteren standesgemäßen Wohnsitz errichten.


Die Nachkommen einer Seitenlinie dieser Adelsfamilie, die Grafen von Dießen-Andechs-Wolfratshausen richten hier ihren Hauptsitz ein und bauen zu Beginn des 12. Jahrhunderts, wohl 1116 unter Graf Otto II., Burg und Siedlung zum Zentrum ihrer Macht aus. Er kann sein Herrschaftsgebiet bedeutend erweitern.

Nach dem frühen Aussterben der Wolfratshauser Grafen, 1157, fällt der Besitz an die Vettern, die sich jetzt Grafen von Andechs nennen. Die Veste bleibt der wichtigste Pfeiler des Andechser Machtgefüges.


Wegen der hohen Bedeutung der Burg Wolfratshausen wird diese immer wieder Ziel gegnerischer Angriffe. Schon 1133 wird der Sitz geplündert, verwüstet und in Brand gesteckt. Letztlich unterliegen die Andechser ihren großen Gegnern, den Grafen von Wittelsbach. Damit wechselt Mitte des 13. Jahrhunderts die Burg ein letztes Mal den Besitzer. Die neuen Herren lassen die teilweise zerstörte Burg wiederaufbauen und residieren zeitweilig in Wolfratshausen. Sie fertigen Urkunden und fördern die zivile Siedlung Wolfratshausen. Die Wittelsbacher haben bereits seit 1180 auch das Herzogtum Bayern inne.


1280 wird Wolfratshausen als Amts- und Gerichtsort (Hohe Gerichtsbarkeit = Landgericht) erwähnt. Herzogliche Beamte, Richter und Pfleger sind dort tätig. Der Sitz ist im Schloss, während die Niedere Gerichtsbarkeit durch die Marktgemeinde ausgeübt wird.

 

In den so genannten Salbüchern (Salbuch = Güterverzeichnis oder Gerichtsbuch, s.a. Urbar) sind die Einkünfte des Herzogs aus seinen jeweiligen Besitzungen verzeichnet. In einem Salbuch aus dem Jahr 1593 [BHStA Kurbayern Cons. Cam. 319] findet man die wohl älteste Beschreibung des Schlosses Wolfratshausen. Von hohem historischen Interesse an der Beschreibung ist vor allem, dass darin der definitive Beleg für die auch auf den Stichen von Wening [1701] zu erahnende zweite Kapelle auf dem Schlossberg zu finden ist. Neben der eigentlichen, wohl noch aus mittelalterlicher Zeit herrührenden Burgkapelle, die dem hl. Nikolaus geweiht war, gab es nämlich noch eine etwas außerhalb des eigentlichen Schlossbaus bei den Ökonomiegebäuden stehende Kapelle, deren Patron der hl. Johannes war. Der Text der Beschreibung ist – mit einigen notwendigen Erläuterungen – auch heute noch verständlich. Demnach sah das Schloss, wenn man sich ihm von der Hämerlbrücke durch die Änger und Gärten aus näherte, so aus:

 

So könnte Schloss Wolfratshausen im 16. Jh. ausgesehen haben.
Ölgemälde von Leonhard Kugler, ca. 1980, Privatbesitz


Zunächst ging es an den Ökonomiegebäuden mit Viehställen und Heustadeln, einer Viehtränke und der äußeren Kapelle St. Johannes vorbei durch das äußere Tor. Der Turm daneben trug eine Uhr; darunter befanden sich eine Badestube, eine Milchstube und die Torwächterstube. Im Hof der Vorburg stand wiederum ein Brunnen. Durch ein weiteres Tor ging es danach in den eigentlichen inneren Burghof. Darum gruppieren sich die Pfisterstube, ein Rossstall, ein kleiner Getreidekasten, ein Weinkeller, der eigentliche Schlossbau, in dem jetzt der Pfleger wohnte, und die alte Burgkapelle St. Nikolaus. Darinnen ein Bildwerk mit der Bezeichnung „Sankt Niklas Rast“, welches heute verschollen ist. Ein imposanter Bau damals, in Teilen bestimmt aus dem Hohen Mittelalter herrührend.

Ab Anfang des 17. Jahrhunderts wird an dem als Herrschaftssitz kaum noch benutzten Schloss nur das Notwendigste repariert. Hundert Jahre später berichtet Pflegskommissar Braunmiller, dass manche Gebäudeteile, 1728 auch als Ausweichkaserne genutzt, von selbst zusammenfallen. 1731 verlegt er deshalb das Amt mit allen Schriftstücken und der Amtskasse sowie seinen Wohnsitz in den Markt Wolfratshausen.


Bei einem starken Unwetter am 7. April 1734 schlägt ein Blitz in den höchsten Schlossturm, in welchem 350 Zentner Pulver gelagert sind. 

Durch die gewaltige Explosion werden das ganze Schloss und die innere und äußere Kirche zerstört.

Die Hofkammer München entscheidet, dass Mauerreste abgetragen werden sollen. Gute Steine, Holz und Eisen seien zu verkaufen, Schlechtes sei den Armen zu überlassen. Ein Teil des Eisens wird nach München geschafft.                           

Die noch im gleichen Monat begonnenen Aufräumarbeiten ziehen sich bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts hin.

Auf dem Bergrücken erinnert heute ein Gedenkstein von 1852 an das einst so stolze Bauwerk.

Gedenkstein am Wolfratshauser Bergwald